2. Besuch beim Bischof von Masaka - was hier für einen besseren Umgang mit Konflikten und für die Entwicklung der Bildung nötig scheint
„Wir brauchen eine andere Kultur im Umgang mit Konflikten.“ (der Bischof der Region von Massaka)
Der Besuch beim Bischof am zweiten Weihnachtstag in seinem zu Hause entwickelt sich zu einem wunderbaren Gespräch über die Art und Weise, wie man Konflikte regeln kann und was dazu in verschiedenen Kulturen manchmal fehlt.
Nach dem freundlichen Begrüßung– Talk bittet mich Rubina, einen Kurzvortrag zum Thema „Konflikte managen“ zu halten. Dies interessiert den Bischof so sehr, dass er nach dem gemeinsamen Essen seine Gäste versammelt.
Nach einführenden Worten von mir entsteht ein lebendiger Austausch darüber, wie man früh lernen kann, sich und andere mehr zu respektieren und bei Spannungen durch Zuhören mehr erreicht, als sich zu beschimpfen oder aus dem Weg zu gehen.
Dabei sind Vertreter der regionalen Schulbehörden und zwei Nonnen, die ein neues Curriculum in Uganda mit auf den Weg bringen. Ferner der persönliche Sekretär des Bischofs sowie ein junger Mann, der zehn Jahre in Tübingen als Bildungsreferent für die katholische Kirche gearbeitet hat und in Dörfern ringsherum ein Netzwerk für die kommunale Bildung aufbaut.
Es ist faszinierend, die unterschiedlichen Standpunkte zu hören. Mir ist wichtig zu vermitteln, dass man bei einem anstehenden Streit langsamer werden sollte, um alle Optionen durch denken zu können und nicht vor eilig, den anderen weiter zu provozieren. Deswegen bekomme ich hinterher den Spitznamen „Slow-man“,mit George anerkennend aus Nachgesprächen berichtet
Einer aus der Runde fragt, warum Konflikte im Tierreich, schnell, eindeutig und dann auch langfristig durch die Kämpfe in der Rangordnung geklärt sind.
Meine Antwort: Das hat mit Psychologie und unserer Fähigkeit zu tun, sich Kränkungen zu merken und irgendwann einmal die Gelegenheit zu finden, es dem anderen heimzuzahlen. Dies sei nicht zuletzt ein Faktor dafür, dass Putin wieder alle unserer westlichen Logik diesen Krieg in der Ukraine führt, weil er sich vom Westen nicht ernst genommen gefühlt hat.
George führt an, dass die meisten Familien in der Erziehung den Kindern nur mitgeben, was sie dürfen und was nicht, doch dass siewenig erklären oder sie ermutigen, eigene Gedanken zu formulieren. Beim Essen wird geschwiegen, die Kinder müssen viel arbeiten und ihr Entwicklungspotenzial wird kaum gesehen. Denn die Armut und der Kampf ums tägliche Überleben dominieren. Wem soll man in einer großen Familie auch die Möglichkeit verschaffen, eine Ausbildung oder ein Studium zu machen,wenn die monatlichen Kosten hierfür das gesamte Familieneinkommen übersteigen?
Alle haben eine spezifische Sichtweise, zu dem, was sie um sich herum erleben: Was kann man tun, wenn sich Kinder in der Schulklasse verprügeln? Was, wenn man mit dem Nachbarn einen bösen Streit hat oder es in einer anderen Familie mitbekommt?
Wir sprechen frei über verschiedene Ansatzpunkte, positiven Einfluss zu nehmen. Das Gespräch will nicht enden, weil immer wieder weitere Aspekte hinzu kommen.
Wir lachen viel und stellen fest, dass wir selbst anfangen, im „Ja, aber“- Modus zu diskutieren und den Vorredner ab zu wirken. Ich beruhige die Diskussion an einer Stelle: „ihr habt alle recht! Und wenn wir mehr an das anknüpfen würdet, was die Vorredner sagen, dann würden wir alle neue Einsichten gewinnen.“
Am Ende sind alle davon überzeugt, dass man tatsächlich früh in den Schulen anfangen muss, diesen besseren Umgang mit Konflikten zu vermitteln und vorzuleben. Dazu gibt es bereits Ansätze im Curriculum in Uganda – so eine der beiden Nonnen – , doch die Rahmenbedingungen in Schulklassen mit teilweise 150 Kindern sind dafür hinderlich.
Der Unterricht besteht meist aus Vorsagen und Nachsprechen und es in der Grundschule kaum Möglichkeiten, mit den Kindern etwas in Gruppen zu entwickeln oder sie mit viel Material selbstständig Probleme lösen zu lassen.
Auf meine Frage, welches Schulfach die Anwesenden für das Wichtigste halten, antworten sie übereinstimmend, dass es primär darum geht, praktische Fähigkeiten im Umgang mit komplexen Problem zu lösen und in der Landwirtschaft wie im produzieren Gewerbe mehr gemeinsame Kompetenz entwickeln.
Wir freuen uns alle ein wunderbaren Austausch und genießen dazu Grillspieße mit
Derweil spielen draußen unsere Jungs mit zahlreichen Kindern Ball. Alle sind irgendwie einbezogen.
Beschwingt fahren wir nach Hause und es wird in der anschließenden Reflexion mit Robina und George weiter geredet zum Thema.
So einen interessanten zweiten Weihnachtstag hab ich bis jetzt vermutlich noch nie erlebt!