Das Wertequadrat – ein Werkzeug im Coaching, um Gegensätze aufzulösen.

Herr Kühne, das Qualitätsproblem kommt daher, dass Sie Ihre Leute nicht im Griff haben.“ „Ach ja, Herr Schwarz? Ihre Forderungen kommen daher wie ein Hochdruckreiniger. So geht das nicht mit uns!“ 
In diesem (Original-)Dialog gibt ein Wort gibt andere – plötzlich sind die Fronten verhärtet. Jeder fühlt sich im Recht und die Zusammenarbeit ist auf Dauer empfindlich gestört.

Entweder – Oder – eine ungünstige Haltung

In unklaren Entscheidungssituationen oder bei Druck kommt es oft zum Werte- oder Interessenskonflikt. Dies sowohl in einer Person als auch zwischen Personen/Gruppen.

Hier scheint oft nur ein „Entweder – Oder“  möglich. Die eigene Haltung bzw. Seite vertritt das Gute, der Gegenüber hingegen verkörpert den negativen Gegenpol, der abgelehnt wird.

Dies hat zur Folge, dass man unabhängig von der konkreten Sachfrage in einen Kampf eintritt und blind wird für Alternativen.

Es besteht die Gefahr, dass sich eine Seite auf Kosten der anderen durchsetzt und deren Sichtweise nicht mehr akzeptiert. Die Vorsichtigen gelten dann als „feige“, die Mutigen als „tollkühn“.  Wer setzt sich durch?

Im Veränderungsprozess schwanken selbst erfahrene Führungskräfte in ihrem Verhaltensrepertoire. Sind diese Kurswechsel nicht ausreichend begründet oder von Erfolg gekrönt, schwindet die Glaubwürdigkeit im Team.

Dadurch wächst die eigene Unsicherheit in der Führung es besteht die Gefahr, sich an einen bestimmten Punkt zu versteifen: Beispielsweise: „Dieser Mitarbeiter hat mit seinem Widerstand alles blockiert. Sein Verhalten ist schädlich, ich muss ihn irgendwie wegkriegen.

Wertequadrat
Es gibt zwei menschliche Hauptsünden, aus welchen sich alle anderen ableiten: Die Ungeduld und die Lässigkeit.
Wegen der Ungeduld sind wir aus dem Paradies ausgewiesen worden, wegen der Lässigkeit können wir nicht zurück.“
(Franz Kafka)

Ausweg aus diesem Dilemma bietet das sogenannte „Wertequadrat“ von Paul Helwig (1967). Es ist angelehnt an die Vorstellung von Aristoteles, nach der jede Tugend als die rechte Mitte zwischen zwei fehlerhaften Extremen zu bestimmen ist.  Gleich Ebbe und Flut ist beides nötig und naturgegeben.

Beim Wertequadrat ist die Vorstellung eines Fixpunktes aufgegeben und durch die Vorstellung einer dynamischen Balance ersetzt. Negative Eigenschaften werden demnach als Übersteigerung einer an sich positiven Qualität gedeutet.

Und diese lässt sich sogar wunderbar mit der positiven Gegenqualitäten verbinden. Friedmann Schultz von Thun hat dieses Modell für die Kommunikation nutzbar gemacht.

Damit die Überzeugung verbunden, dass jeder Mensch mit einer als negativ erlebten Eigenschaft auch über den„schlummernden“ Gegenpol verfügt, den er in sich wecken und zur Entwicklung bringen kann.

Mit diesem Werkzeug ergeben sich Möglichkeiten für die eigene Entwicklung und den besseren Draht zu seinen Mitmenschen.

Gerade, wenn der Eindruck entsteht, dass der Andere vehement in eine Richtung argumentiert, sollte man irgendwann das „ja, aber“-Spiel unterbrechen. Vielmehr ist es sinnvollen, den Kontrahenten nach dem darunter liegenden Wert zu fragen . Oft kommen dann klare Antworten, zum Beispiel: „ich brauche klarere Führung“ oder „mich nervt es, dass wir manche Standards über alles setzen“.

Von Vorteil ist es, die Tendenz zur negativen Übersteigerungen bei sich selbst zu kennen: „Bei bestimmten Aussagen werde ich wütend  – und blockiere damit manchen Mitarbeiter…“).

Mit Hilfe des Werteaquadrats kann man zudem einzelnen Personen wie dem Team verständlich machen, warum man manchmal flexibel oder konsequent agiert.

Und es ist mit diesem Modell leichter möglich, eine solche „innere Sperre oder Einseitigkeit“ bei jemand  wertschätzend anzusprechen. Dadurch steigt dessen Bereitschaft, daran zu arbeiten.

Kurzum: Mit dem Wertequadrat kommen wir eher zu stimmigen Lösungen, welche auch die Offenheit und Agilität im Team fördern.